Am Waldsee

Teil 1

Joran zog schon einige Zeit durch den Wald. Wie ihm schien, wurde er immer dichter. Doch sein Gespür als Jäger sagte ihm, dass hier keine Gefahr lauerte. Plötzlich lichtete sich der Wald und vor ihm lag ein wunderschöner See, der in den Strahlen der aufgehenden Sonne verführerisch glitzerte. ’Ja, ein Bad kommt mir gerade recht’., dachte er. Lange war er schon unterwegs - zu lange, für seine Begriffe. Sein Stamm hatte ihn nicht direkt verstoßen. Doch er war es leid, immer wieder die Sticheleien wegen seiner Vorliebe für junge, männliche Elfen zu ertragen. Also war er gegangen. Keiner hatte ihm eine Träne nachgeweint. ’Ich werde schon wieder einen Stamm finden, der mich so akzeptiert, wie ich bin.’, hatte er gedacht. Außerdem war es nicht der erste Stamm den er verließ. Im Stamm seiner Geburt hatte man ihm sehr deutlich gesagt, dass diese Vorliebe nicht geduldet würde, denn sie würde keine Nachkommen hervorbringen. Man hatte ihn vor die Alternative gestellt, sich eine Gefährtin zu suchen und mit ihr Kinder zu zeugen oder den Stamm zu verlassen und nie wieder zurück zu kehren. Also war Joran gegangen.

Als er den See erblickte, sah er sich sichernd um. Fünffinger waren nicht zu wittern, auch Raubtiere konnte er nicht spüren, es schien also sicher zu sein. Joran zog sich aus, wickelte Dolch, Bogen und Köcher in seine Bekleidung und verstaute sie in einem am Ufer stehenden Baum. Dann watete er vorsichtig ins Wasser. Es prickelte herrlich kühl auf seiner Haut. Er schwamm einige Meter, bevor er ein Stück weiter entfernt am Ufer zwei Elfen stehen sah. Eine davon war eindeutig männlich und zu dem auch noch nackt. Was Joran auf die Entfernung sehen konnte, war durchaus dazu angetan, sich nähere Gedanken über einen Annäherungsversuch zu machen.

Joran schwamm langsam auf die beiden Elfen, die mittlerweile das Wasser verlassen hatten, zu, immer die Deckung des Schilfgürtels nutzend. 'Schade.', dachte er, als er sah, wie sich der junge Elf mit der Elfe vergnügte. 'Aber vielleicht ist ja noch nicht alles verloren. Er sieht einfach zu schnuckelig aus. Ob er....?' Joran hatte das Ende des schützenden Schilfgürtels erreicht, lag träge im seichten Wasser und spähte zu den beiden hinüber. 'Sein Haar glänzt wie Rabenflügel in der Sonne.', dachte er verträumt und stellt sich vor, wie es wohl wäre, wenn diese dunklen Haare über seine Brust und den Bauch strichen.

Das Unheil nähert sich unaufhaltsam..... (Hier bitte die Musik vom Weißen Hai einspielen *g*)

'Verrückt, wie sehr einem die Gedanken einen Streich spielen können.', überlegte Joran. 'Ich meine fast, seine Haare wirklich zu spüren.' Plötzlich schoss der blonde Elf mit einem Schmerzensschrei aus dem Wasser und blickte an seinem Körper hinunter. " Mistvieh.... au..... aua..... aaaah..... lass los, du blöde Krabbe..... auauau...." Wild auf den an seinem besten Stück hängenden Krebs einschlagend hüpfte Joran durch das seichte Wasser.

Sturmwinds Finger glitten sanft über ihre Schenkel, als Feleya sich zu ihm hoch beugte. Ein Blick in ihre Augen verriet ihm, dass auch sie eine Gefangene ihrer Lust war. Ihr Hände umfingen sein Gesicht und er fieberte dem entgegen, was nun kommen sollte. er hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, das sie mit der Zunge über seine Oberlippe strich. Unbewusst leckte er sich mit der Zunge über die Lippe und berührte dadurch ihre. Glühend heiße Schauer durchliefen ihn, als ein Aufschrei ihn zusammenfahren ließ. Unwirsch löste er sich von Feleya, sprang auf und schaute in die Richtung aus der das Gezeter zu ihm drang.
Sein Blick blieb an einem Elf hängen, der wie ein Irrer durch das Wasser sprang. Sturmwind erkannte nicht auf was der Kurzhaarige einschlug, doch sein Geschrei alarmierte ihn. Irgendetwas stimmte nicht. Mit ein paar Schritten hatte er das seichte Ufer erreicht und endlich sah er, was dem hellhäutigen Elf widerfahren war. Ein belustigtes Lächeln überzog sein Gesicht und er konnte sich seine Worte nicht verkneifen: "Der Krebs weiß eben was gut ist."

Alles um sie herum war verschwunden, sie berührte seine Zunge und spürte das Feuer und die Wärme darin, bis ein Schrei die Stille zerbrach. Sturmwind erschrak leicht und löste sich von ihr, sah sich um und war auch gleich ins Wasser gehüpft. "Es wäre auch zu schön gewesen", fauchte sie und stand auf. Folgte mit ihren Blicken Sturmwind und sah einen Elf im See umherspringen. Sie ging ans Seeufer um zu sehen was für ein Problem dieser hatte, konnte jedoch nichts erkennen. Sie überlegte kurz ob sie ins Wasser kommen sollte doch entschied sich anders. Feleya zog einige Haarsträhnen nach vorne um ihre nackte Brust leicht zu bedecken und wartete erst einmal ab.

Lichtfängers Glück war es, dass Jaris soeben durch einen Schrei abgelenkt wurde, sonst hätte es, wieder mal, schlecht für ihn ausgesehen. Er beobachtete den kurzhaarigen Elfen auf der anderen Seite des Sees, sah jetzt auch das Pärchen und schüttelte leicht lachend den Kopf. Das gab’s doch gar nicht, so viel war hier noch nie los, doch sofort sah er auch wie gut dieses zappelnde männliche Wesen da vor ihm aussah. Er sprang leichtfüßig hinab ins Wasser und watete zu den Elfen hinüber. Jaris beachtete er gar nicht weiter, die Elfen da vorne waren momentan viel interessanter.

"Der ignoriert mich einfach", murmelte Jaris kopfschüttelnd. Aber er war neugierig genug, um das Duell für diesmal zu beenden und seinem Freund hinterher zu stiefeln, um sich die drei "Neuen" genauer anzusehen. Vor allem diesen komischen Kauz, der vor den zwei anderen im Wasser herumhüpfte.
"Meine Güte, du schreist ja herum, als hätte dich irgendwas gebissen!", sagte Jaris amüsiert, als er näher kam - laut genug, dass derjenige welcher es hören musste.

Lichtfänger war schon bei den Dreien angelangt und sah nun auch was geschehen war. **Den hat ja auch was gebissen.** Ein amüsiertes Senden bevor er auf den herumspringenden Elfen zutrat und ihn einfach festhielt. **Nun halt doch mal still, wie soll ich dir sonst helfen!** Er sah dem Elfen in die Augen und lächelte freundlich.

**Was - echt?**
Jaris beeilte sich, damit er das auch noch zu sehen bekam - und er hätte sich ausschütten mögen vor Lachen. Ja, klar, das war bestimmt schmerzhaft - aber andererseits auch zu komisch!
"Hm, wolltest du 'angeln'?", kicherte er.

"Jaris!" Entsetzt sah Lichtfänger seinen Freund an. Das gab’s doch gar nicht, selbst in so einer Situation fiel ihm nichts besseres ein, als Witze zu reißen. **Wie wär’s wenn du mir mal hilfst und ihn festhältst?** Er sah wieder den Elfen an, der im Wasser herumsprang.

Böse funkelte Joran den Elfen mit den schwarzen Haaren an. Ehe er noch was sagen konnte, hatte ihn schon ein weiterer Elf von hinten gepackt um ihn festzuhalten. Anscheinend wollte er ihm helfen. Plötzlich taucht noch ein Elf auf, der ihn anfuhr, er solle doch nicht so rumschreien. "Ja, macht euch nur über mich lustig. Ihr habt ja auch keinen Krebs am besten Stück hängen. Das tut verdammt weh. Lass endlich los." Damit meinte er sowohl den hinter ihm stehenden Elfen als auch den Krebs.

Sturmwind wusste gar nicht wie ihm geschah, als der Elf in der misslichen Lage ihn anfunkelte. Diese Augen. Noch nie hatte er Augen in dieser Farbe gesehen. Dieses Grün, einfach unbeschreiblich. Vergessen war Feleya, die irgendwo hinter ihm stehen musste. Alles was jetzt gerade zählte war der Fremde. Helle Haut auf der sich die Sonne in den Wassertropfen brach. Es war etwas völlig neues was er gerade entdeckte. Sogar die Haare des Elfs waren hell.
Unerwartete tauchte noch ein Elf auf und packte den Elf im Wasser. Das Worte fielen bemerkte er gar nicht. Wie versteinert stand er da und starrte auf den Elf mit der Krabbe. Ein leichtes Stechen im Magen war alles. Es war fast als könnte er den Schmerz selber fühlen, doch das bildete er sich sicherlich ein.

"Halt das Vieh mal fest", sagte Joran zu dem vor ihm stehenden Elfen. Dann packte er die Schere des Krebses und bog sie vorsichtig auseinander. Mit einem erleichterten Seufzer löste er das Krabbeltier von seinem Körper, dann sah er den Krebs böse an. "Eigentlich hättest du es verdient im Topf zu landen, aber ich bin ja tierlieb und lasse dich laufen." Mit diesen Worten nahm er ihn dem vor ihm stehenden Elfen aus der Hand. Dabei berührte er nur kurz die Hand des anderen. Ein Kribbeln durchlief seine Finger, sauste seinen Arm hinauf, um dann mit der Geschwindigkeit eines heranstürmenden Stieres in seinem Magen hinabzufahren und dort zu explodieren. Joran blickte in die schwarzen Augen des Jungen vor ihm. 'Wie Karfunkelsteine in der Sonne.', dachte er. Der Krebs in seiner Hand, die Elfe am Ufer, der Elf hinter ihm, der andere Elf, der ebenfalls im Wasser stand, alles um ihn herum war in diesem Moment vergessen. Auch das er hier vollkommen nackt vor diesen fremden Elfen stand bemerkte er nicht wirklich. Nur die schwarzen Augen vor ihm, die ihn mit ihrem Blick gefangen hielten. Langsam kehrte er in die Wirklichkeit zurück. 'Oh ihr Hohen, nicht schon wieder. Er ist doch noch viel zu jung.', schoss es Joran durch den Kopf. 'Bestimmt noch keine zwanzig Sommer.'

Jaris wollte ja eigentlich eine halbwegs schuldbewusste Miene aufsetzen - es war ja wirklich nicht gerade nett, sich in so einem Moment lustig zu machen - aber das Kichern saß ihm immer noch im Hals. So beobachtete er nur stumm und um Beherrschung bemüht, wie der Fremde sich von dem Krebstier befreite.
"Also an deiner Stelle HÄTTE ich ihn in den Topf gesteckt", sagte er dann. Sein Blick wanderte neugierig über die drei Fremden, die er für Reise- oder Stammesgefährten hielt. "Sagt mal, wo kommt ihr drei denn auf einmal her? Hier ist doch sonst nie jemand..."

Die Stimme des hinter ihm stehenden Elfen drang nur langsam zu ihm durch. Den Krebs immer noch in der Hand haltend drehte er sich zögerlich um. "Ich mag keinen gekochten Krebs, die schmecken mir zu fade. Willst du ihn haben?" Mit diesen Worten hielt er Jaris das Schalentier hin. "Wo die anderen herkommen kann ich dir nicht sagen, aber ich komme aus der Richtung, in die die Sonne nie wandert (Nord). Mein Name ist übrigens Joran Flinkzunge."

Lichtfänger musterte die anwesenden, neuen Elfen aufmerksam, während er Jaris ansprach. "Sagen wir, außer mir und dir ist hier sonst niemand." Dann sah er Joran an. "Ich bin Lichtfänger und das da", er deutete unbestimmt in Jaris Richtung, "ist Jaris. An eurer Stelle würde ich nicht so offen in einem fremden See baden, man weiß nie was er für Überraschungen bereit hält." Seine Worte waren ernst gemeint und auch sein Gesichtsausdruck war ernst.

**Das da ... Was ist denn das für eine Vorstellung? Du bist ja wieder richtig höflich heute**, erwiderte Jaris, an Lichtfänger gewandt. Laut sagte er: "Naja, viel gefährlicheres als nette kleine Krebse gibt’s in dem See eigentlich nicht."
Er schaute zu dem schwarzhaarigen jungen Elf, der Joran gegenüberstand und ihn fasziniert anstarrte. 'Oh nein!', dachte er, innerlich aufstöhnend. 'Nicht NOCH EINER von dieser Sorte!'

**Genauso höflich wie du!** Lichtfänger spielte auf die unpassende Bemerkung an. Dann jedoch zuckte er mit den Schultern und watete aus dem Wasser. Er setzte sich in den schon warmen Sand und beobachtete den Auflauf von Elfen im Wasser.

Sturmwind zwinkerte. Die Stimme des Grünäugigen erreichte ihn und wie in Trance fasste er den Krebs. Kurz strichen seine Finger über die helle Haut. Er bemerkte es jedoch nicht. Erst als der Fremde ihm die Krabbe abnahm und ihre Hände sich streiften konnte er sich aus seiner tiefen Abwesenheit befreien.
Ein Kribbeln machte sich in seinem Körper breit und nun bemerkte er auch die Fremden. Kurz schaute er sich nach Feleya um, die schweigend alles beobachtete, dann musterte er die Fremden. Der eine hatte weiße Haare und der andere war hellblond. Hier muss ein Stamm in der Nähe sein, wo sie alle so hell sind, schoss es ihm durch den Kopf.
"Sturmwind", murmelte er, als die anderen sich vorgestellt hatten. "Und das ist Feleya, wir haben uns auch gerade erst kennen gelernt."
Sein Blick suchte den von Joran. "Ist alles in Ordnung bei dir?", erkundigte er sich und ließ seinen Blick zu Jorans Schoß wandern. Keine Verletzung war’s sichtbar und so atmete er hörbar ein. Endlich fand er seine Selbstsicherheit wieder und mit einem Lächeln sagte er: "Ich kann so einen Krebs richtig schmackhaft machen." Ein leises Lachen folgte, bei der Vorstellung, wie die Fremden reagieren würden, wenn sie mit seinem Mundfeuer konfrontiert würden.
**Flinkzunge**, sendete Sturmwind mit einem leicht amüsierten Unterton. **Hält dein Name auch was er verspricht?**

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