Am Waldsee

Teil 10

Sturmwind, was ist mit dir los, du hast dir doch noch nie Gedanken darüber gemacht, warum ausgerechnet jetzt?
So schnell, wie es ihm möglich war, entfernte er das weiche, geschmeidige Leder und straffte sich. Betont lässig schlenderte er ans Ufer und spürte schon die ersten Wellen, die über seine Zehen rollten.

Als er sah, wie Sturmwind sich seiner Kleidung entledigte, ging Joran auch zu dem Felsen und begann, seine Kleider abzulegen. Doch im Gegensatz zum Schattenwaldelf legte er seine Sachen achtlos daneben. Er sah einen kurzen Moment auf Sturmwinds Rückfront. Die schlanken, muskulösen Beine, darüber ein kleiner, knackiger Hintern, der im Mondlicht sehr einladend leuchtete. Joran ließ seinen Blick weiter hinaufwandern und blieb mit einem Ruck an dem blutigen Muster auf Sturmwinds durchtrainierten Rücken hängen. 'So will ich ihn nie sehen!', dachte Joran entsetzt und wurde sich in diesem Moment klar, dass es das Blut des Rehs und nicht Sturmwinds eigenes Blut war. 'Nein, ich habe ihn nicht verletzt, zum Glück.' Er trat leise hinter ihn und raunte in dessen Ohr: "Lass uns das Blut abwaschen." Mit diesen Worten bückte er sich, nahm eine Handvoll Sand auf, trat an Sturmwind vorbei und ging bis zur Hüfte ins Wasser. Dann begann er, sich mit dem Sand das mittlerweile eingetrocknete Blut von den Fingern und der Brust zu scheuern. Aufmunternd blickte er zu Sturmwind. "Soll ich dir den Rücken auch abwaschen?"

Das Wasser schien wärmer als die Luft die ihn umgab und so eilte er mit ein paar Schritten tiefer in den See. Dort ließ er sich einfach fallen und saß gemütlich vom Wasser umspült auf dem Grund. Auf Jorans Worte war er noch nicht eingegangen. Er wollte einige Momente nur die Wellen fühlen, die gegen seine Brust schlugen. Immer wieder glitt sein Blick zu Joran, der sich mit Sand und Wasser die Haut schrubbte. Seine Haut ist so hell. Sie sieht aus wie die Farbe der Monde.
Vorsichtig lehnte Sturmwind sich zurück, so weit, bis sein Haar vom Wasser umspült wurde, dann drückte er sich wieder hoch und strich sich das Wasser vor den Augen weg.
Joran wollte ihm den Rücken waschen? Dann würden dessen Hände seine Haut berühren. Verdammt, Sturmwind, du bist nicht das erste mal mit jemanden zum Waschen, rief er sich zurecht. Aber es ist anders, es ist alles anders.
"Wenn du willst", rief Sturmwind leise und erhob sich, damit er sich Joran nähern konnte. Er wollte die warmen Hände fühlen oder doch nicht?

Endlich vom Blut befreit, drehte sich Joran zu Sturmwind um, lächelte ihm aufmunternd zu. "Komm' her, allein kommt man da hinten immer schlecht dran. Außerdem war ich es ja, der dich eingeschmiert hat." Mit wenigen Schritten war er hinter Sturmwind, schob mit einer sachten Bewegung das nasse Haar über dessen Schulter nach vorn, schöpfte mit den Händen Wasser über den Rücken und rieb leicht über die Haut. 'Sie ist so weich, wie das Fell eines Tunnelgräbers (Maulwurf) und die Farbe gleicht dem von Bernstein.' Joran bemerkte, wie sich seine Erregung langsam wieder bemerkbar machte. Für einen kurzen Moment schloss er die Augen, konzentrierte sich auf einen Punkt tief in ihm, so, wie es Kalil ihn einst gelehrt hatte, und beherrschte sein Begehren. Er wollte den Jungen ja nicht wieder verschrecken, wenn dieser bemerkte, dass sich allein durch diese Berührung seine Männlichkeit regte.
Das Blut war schon lange von Sturmwinds Haut verschwunden, doch Joran rieb immer noch zärtlich mit beiden Händen über den Rücken. Am Liebsten hätte er den jungen Elfen einfach in seine Arme geschlossen und zärtlich geküsst. Doch er verbot es sich, denn er wollte ihn nicht mit seinem Begehren erschrecken.

Kaum das Joran seine Haut berührte, schloss Sturmwind die Hände und bildete sie zu Fäusten. Ein wohliger Schauer rann ihm über den Rücken, als er die warmen Finger spürte. Er schloss die Augen, konzentrierte sich ganz auf die Berührungen und hatte Mühe sich aufrecht zu halten. Seine Knie zitterten so sehr, dass er glaubte, dass sie jeden Moment nachgaben.
Er biss die Zähen zusammen, um nicht aufzustöhnen, als heiße Wellen in seinen Unterleib ausstrahlten. Kurz warf er einen Blick an sich hinab und war froh, dass das Wasser ihm bis zur Hüfte einhüllte und das verräterische Zeichen seines Körpers verbarg.
Was geschieht mit mir? Wieso erregt mich Joran so sehr? Was hat er an sich, dass ich mich in seiner Nähe so kribbelig und aufgewühlt fühle?
Am liebsten hätte Sturmwind sich zurückfallen lassen, um den Körper des anderen besser fühlen zu können, aber er erlaubte es sich nicht und so atmete er bewusst ein und aus.
Das Blut muss doch schon lange abgewaschen sein, aber es ist so schön. Mach weiter, Joran, hör nicht damit auf.
Sturmwind musste sich losreißen, wollte er doch nicht wie eine vertrocknete Mango aussehen, genauso schrumpelig. Ganz langsam drehte Sturmwind sich, suchte den Kontakt zu den grünen Augen und sah Joran an. Nimm mich in den Arm und lass mich nie wieder los, hämmerte es in seinem Kopf.

Er bemerkte durchaus, dass seine Berührungen Sturmwind nicht egal waren. 'Ob er sich darauf einlassen würde? Nein, nichts übereilen, Flinkzunge, sonst machst du alles kaputt!' Doch etwas in ihm schrie danach, den Jungen in die Arme zu schließen, mit ihm im Laufschritt zum Lager zurück zu laufen und ihn auf die Felle zu legen. "Du zitterst ja, dir ist kalt." Es war keine Frage, eher eine Feststellung. Joran fasste ihn an den Schultern, drehte ihn um und schob ihn einfach aus dem Wasser. "Lass uns wie der Sturmwind zum Lager zurücklaufen und in die Felle kriechen", grinste er und war sich der Wortspielerei durchaus bewusst. Er schnappte sich seine Hose und die Stiefel und machte einige Schritte, ehe er über die Schulter zurücksah. "Lass die Klamotten gleich aus, die paar Schritte wirst du nicht gleich erfrieren." 'Außerdem hätte ich dann einen Grund, dich zu wärmen, Rabenhaar.', dachte er sehnsüchtig.

"Nein, mir ist nicht kalt." Sturmwind fühlte die Hände an seinen Schultern und ließ sich von Joran aus dem Wasser führen.
Schnell griff er nach seinen Sachen und hielt sie fest, indem er sich die Hose über den Unterarm hängte. Er winkelte den Arm vor der Brust an. Geschickt verdeckten nun die Hosenbeine seinen Schritt. Hoffentlich hat Joran es nicht bemerkt!
Verwirrt sah er ihn an. Er benutzt meinen Namen, für Eile? Was sollte er tun? Er konnte doch nicht splitterfasernackt durch den Wald zur Höhle laufen und schon gar nicht konnte er sich nackt neben Joran legen...
Was war, wenn Joran es nicht für nötig hielt seine Männlichkeit zu verdecken? Sicherlich zog Joran Sturmwinds Blick immer wieder an und er konnte sich nicht erlauben beim Starren erwischt zu werden. Was sollte der blonde Elf von ihm halten?
Er sah Joran hinterher und legte fix seinen Lendenschurz an. Jetzt fühlte Sturmwind sich sicher, viel sicherer. Ihm gefiel der Gedanke nicht, dass Joran sein nackter Anblick gefallen könnte... Aber gerade auch dieser Gedanken, ließ ihn kribbeln. Verdammt, es ist so schwer...
Nicht ganz so schnell folgte er ihm.

Unbekümmert lief der Nordland-Elf nackt zum Lager zurück. Während er auf Sturmwind wartete, deckte er das heruntergebrannte Lagerfeuer mit grünen Blättern ab. Zum Einen, um die Glut bis zum nächsten Morgen zu erhalten, zum Anderen, um zu verhindern, das ein Windstoß hineinfuhr und mit den dann aufstiebenden Funken den Wald eventuell in Brand zu stecken.
Als der junge Elf gleich nach ihm die kleine Lichtung betrat, stellte er schmunzelnd fest, dass er sich doch zu mindest den Lendenschurz übergezogen hatte. 'Er ist einfach zu niedlich in seiner Schüchternheit.' Joran konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. "Also ist dir doch kalt", sagte er mit einem anzüglichen Lächeln und wies mit dem Kopf auf den Lendenschurz. "Oder hast du Angst, dass ich dir was weggucke?"
Joran erhob sich, streckte sich mit einem Seufzer. "Das Lagerfeuer ist gesichert, wir können also beruhigt schlafen gehen." Dann erklomm er behände den Baum und krabbelte in die Höhle.

Sturmwind sah das breite Lächeln auf Jorans Gesicht und senkte kurz den Blick. Jetzt lacht er mich aus, weil ich prüde bin, aber er muss doch nicht sehen, dass sein Anblick mich nicht gerade kalt lässt. Warum fällt es mir so schwer, mich in seiner Nähe so zu verhalten, wie bei meinem Stamm?
Sturmwind öffnet schon den Mund um Joran eine schlagfertige Antwort auf seine letzte Frage zu geben, doch dann ließ er es und kämpfte gegen das Blut an, dass ihm immer wieder in die Wangen stieg. Nicht abgucken, dachte er, aber... Er führte den Gedanken nicht zu Ende, wusste er doch nicht, ob er mit seiner Vermutung richtig lag oder ob er Joran damit Unrecht tat. Vielleicht sieht er mich ja aus ganz anderen Augen als ich ihn und ihn lässt mein nackter Körper kalt?
Er sah zu der Öffnung im Baum und blieb unsicher stehen. Sollte er Joran wirklich folgen? Die Höhle war nicht gerade groß und er musste enger an dem Elf liegen, als er es gewöhnt war. Seine Nähe wird mich umbringen und sicherlich bekomme ich vor Aufregung und dieser schreienden Lust kein Auge zu. Immer mehr verlangte ihm danach, Joran zu berühren und sich an ihn zu schmiegen, doch allein, er verbot es sich.
Was soll ich tun?

Joran hatte seine Hose und die Stiefel zu seinen Sachen in der Höhle gepackt. Mit einem Kribbeln im Magen wartete er darauf, dass auch Sturmwind in der Höhle erschien. 'Warum macht mich seine Gegenwart so kribbelig. Sicher, ich begehre ihn, aber irgendwie anders als sonst. Nicht unbedingt körperlich.' Nervös fuhr er sich mit beiden Händen durch das strubbelige, blonde Haar, dann krabbelte er an den Eingang und blickte hinunter auf den schwarzen Haarschopf. "Komm' rauf, hier schläft es sich gemütlicher als da unten im Stehen." rief er leise hinunter.

Tief in seine Überlegungen verstrickt, nahm er Jorans Rufen nur ganz wage wahr. Es dauerte einen Moment, doch dann hatte er die Worte in seinem Kopf sortiert und machte sich ans Klettern.
Was tust du hier, Sturmwind?, rief sein Kopf die ganze Zeit und ließ ihn einfach nicht in Ruhe. Du legst dich jetzt auf eine Seite des Lagers und bleibst dort!
Er wollte Joran anlächeln, als er endlich in die Höhle kroch, doch es fiel mehr als schief und gequält aus. Er sortierte seine Sachen, legte sie über sein Bündel und streckte sich aus, dann zog er eines seiner Felle über sich.
"Schlaf gut", raunte er und schloss die Augen, nur um sie wieder zu öffnen. Er war neugierig. Hatte Joran sich was übergezogen, oder war er immer noch nackt?

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