Am Waldsee Teil 20 Schweratmend blieb Sturmwind liegen, sah zu Joran, der sich von ihm löste und ergriff dessen Hand, eher im Reflex, als dass er es wirklich wollte.Noch immer von der Nähe berauscht nickte Sturmwind. "Ja, so haben mich meine Eltern nach meiner Geb..." Der Satz blieb unvollständig, da ihn Jorans Senden erreichte. Ein Schauer lief durch seinen Körper. Gerade hatte er erfahren, dass er heute Nacht noch mehr lernen und erfahren durfte. Jetzt hieß es für ihn abwarten und sich zu zügeln. Trotzdem griff er etwas leicht verstimmt nach dem nächsten Stück Fleisch. Viel lieber hätte er Joran weitergeküsst und ihn geschmeckt. So nahm er sich nur doppelt so viel wie sonst vom Mundfeuer. Joran bemerkt Sturmwinds Verstimmung nicht, da er ihm immer noch den Rücken zuwendete. ‚Junge, wenn du so weitermachst, dann kommen wir nie in diesen Dschungel und vor allem kommen wir dann wahrscheinlich überhaupt nie mehr aus den Fellen', dachte er ein wenig amüsiert. Einige Mal verhaltend tief durchatmend, versuchte Joran, seiner aufgewühlten Stimmung wieder Herr zu werden. Jedes Mal, wenn Sturmwind ihn so heiß küsste, war er versucht, sich diesem Feuer sofort hinzugeben, jedoch rief er sich immer wieder zur Raison, denn er wusste ja, dass Sturmwind noch sehr wenig oder besser gesagt, eigentlich gar keine Erfahrungen mit der Liebe hatte. Er sah Sturmwind wieder an und bemerkte, dass dieser sich das Fleisch ordentlich mit seinem Mundfeuer würzte. "Hmm, also keine Küsse heute mehr?", fragte der Nordland-Elf und deutete mit dem Kinn auf Sturmwinds Fleisch, bevor er sich seinem eigenen Stück Reh wieder zu wendete. "Was?" Irritiert hielt Sturmwind im Kauen inne und schaute zu Joran, der sich seinem Stück Reh widmete. "Na ja, wenn du dein Fleisch so mit diesem scharfen Zeug würzt, dann denke ich, dass du mich von deinen Lippen und deinem Mund fernhalten willst. Deine Küsse sind zwar extrem heiß, aber sie müssen nicht unbedingt so brennen. Also nehme ich an, dass du heute nicht mehr geküsst werden willst, oder?" Joran grinste breit. Er hoffte ja, dass er mit diesen Worten Sturmwind mal wieder das Blut in die Wangen trieb, denn er liebte dieses knabenhafte Erröten zu sehr.
"Ähm..." Sturmwind schluckte
heftig und sah Joran nun vollends verwirrt an. "Das Brennen, was es
bei dir auslöst, ist bei mir nicht so schlimm und in ein paar Momenten
ist es vollkommen verschwunden." Joran liebte dieses Gesicht und wenn Sturmwind so niedlich errötete ganz besonders. "Ja, dir macht das Brennen in ein paar Augenblicken nichts mehr aus, aber bei mir brennt es dann immer noch wie die Hölle. Ich glaube, ich werde dich heute wirklich nicht mehr küssen." Mit einer energischen Bewegung stand Joran auf und begann, seine Sachen zusammenzusammeln. 'Mal sehen, wer von uns beiden es länger aushält ohne Kuss', dachte Joran und war sich nicht so sicher, ob nicht er es war, der diesen delikaten Wettbewerb verlieren würde. Aber ob er sich nun die Lippen an Sturmwind verbrannt oder nicht, heute Nacht würde er bestimmt der Versuchung erliegen und das nur zu gern.
"Ich meinte doch, dass das Brennen
dann weg ist und auch du dich nicht mehr an mir verbrennen
kannst..." Nein, jetzt nur nicht schmollen, rief Sturmwind sich
zurecht und doch blieb er einfach sitzen, als Joran aufstand und seine
Sachen zusammenpackte. Er aß an den getrockneten Stücken von der
Kokosnuss weiter und dachte nach, was Joran wohl tun würde, wenn er
sich einfach nicht regen würde. Er kramte immer noch seine Sachen zusammen, verstaute das eine oder andere in seinem Tornister und überprüfte den Inhalt seines Wasserschlauches. Ein Blick zu Sturmwind zeigte ihm, dass dieser anscheinend noch nicht gewillt war aufzubrechen. "Willst du hier schon übernachten oder wollen wir noch ein Stück wandern?", fragte er in neutralem Ton. Schmollte Sturmwind oder bildete er sich das ein? Sollte er wegen der Diskussion über die Schärfe des Mundfeuers verärgert sein? Aber selbst mit diesem leicht schmolligen Gesichtsausdruck sah der junge Elf einfach nur zum Anbeißen aus. Joran musste schon einiges an Selbstbeherrschung aufbringen, um nicht weich zu werden und ihn einfach zu küssen, selbst wenn er dafür ein wildes Brenne im Mund in Kauf nehmen müsste. Wie war das vorhin? .... und auch du dich nicht an mir verbrenne kannst? 'Sturmwind, ich habe mich schon so sehr an dir verbrannt, dass ich regelrecht süchtig danach bin', dachte er mit einer gewissen Sehnsucht. Joran wünschte sich, dass es schon Abend wäre und sie in ihren Fellen liegen würden, um endlich wieder diesen geliebten Körper an sich zu spüren. Aber so leicht wollte er es Sturmwind nun auch wieder nicht machen, er wollte ihn noch ein bisschen zappeln lassen.
Sturmwind schloss kurz die Augen, ehe er
sich langsam aufrichtete und sitzen blieb. Sein Blick verfing sich in
dem Feuer, das bei Tag so unauffällig wirkte. In der Nacht hatte es was
romantisches und lud zu mehr ein, als nur daneben zu hocken. Besorgt blickte der Nordland-Elf auf den Jungen. Er wollte sich noch ausruhen? Dabei machte er doch so einen kräftigen und durchtrainierten Eindruck, wirkt nicht so, als ob er nach diesem kurzen Marsch schon erschöpft wäre. Oder war das nur ein Vorwand? Der abgebrochene Satz ließ Joran aufhorchen. Er kniete sich vor Sturmwind, hob dessen Kinn an um ihm in die Augen blicken zu können. "Sturmwind, was ist los mit dir? Ist es wegen des Mundfeuers? Oder ist es etwas anderes? Bitte rede mit mir!" Flehendlich sah er Sturmwind an. Hatte er schon wieder was falsches gesagt oder getan? Aber was? Joran war sich keiner Schuld bewusst – dieses Mal.
Er sah in die grünen Augen. Sie blickten
warm und sogar besorgt auf ihn. "Wie geht es weiter?", fragte
Sturmwind flüsternd. "Was wird passieren? Mit uns?" Joran spürte die Aufgewühltheit in Sturmwind, erkannte aber nicht den Grund dafür. "Ich... ich versteh deine Frage nicht, Sturmwind", flüsterte Joran und hatte das unbestimmte Gefühl, dass ihm der junge Elf entglitt, etwas, was er um keinen Preis der Welt wollte. Er wollte Sturmwind, so wie er war, mit all seinen Ecken und Kanten, mit seiner Schüchternheit, dem niedlichen Erröten, den fragenden Augen und dieser alles verzehrenden Neugier. Besonders die liebte er an ihm. "Ich habe zwar ein loses Mundwerk, aber bei solchen Fragen versage ich immer kläglich." Er blickte auf seine Hände hinab, die er nervös knetete. Wie sollte er Sturmwind sagen, was er für ihn empfand, ohne dass er es falsch verstand und sich verschreckt von ihm abwandte? Vorsichtig legte er seine Hände auf Sturmwinds Knie, neigte seine Stirn gegen dessen gesenkten Kopf und versuchte, ihm seine Gefühle und die Empfindungen, die er für ihn hegte, in einem Senden zu vermitteln. Die Liebe, die wie eine zarte Blume begann zu wachsen und die noch vor den Stürmen des Lebens beschütz werden musste, die Hoffnung auf eine lange gemeinsame Zeit, aber auch sein Begehren nach Sturmwind und die Erregung, die jedes Mal, einem Blitz gleich, in ihm einschlug, wenn der junge Dschungelelf ihn unvermittelt berührte oder gar küsste.
Ein Gefühl von Wärme, zarter Liebe und
Begehren hüllte Sturmwind ein und dann war da noch die Hoffnung auf
eine gemeinsame Zukunft. All seine Sorgen waren mit einem Schlag
weggewischt. Er hob den Kopf, suchte Jorans Augen, verband sich mit ihm
und ließ ihn seine Angst spüren, die langsam tief in seinem Inneren
verschwand. Joran gab ihm gerade die Antworten auf all seine Fragen und
damit brach der Damm. Jetzt würde es für Sturmwind kein Problem mehr
sein, sich dem blonden Elf anzuvertrauen. **Danke, das war es, was ich
wissen wollte.** Im ersten Moment war Joran entsetzt, als er Sturmwinds Angst spürte. Aber sie verblasste noch während des Sendens. Als sich Sturmwind dann daranmachte, seine Sachen zusammenzusuchen, musst er wieder lächeln, über den Eifer, den der Junge an den Tag legte. "Du bist doch ein Sturmwind, mein Rabenhaar", sagte er, zog in ganz kurz in seine Arme, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu hauchen. Zu mehr hatte er im Moment keinen Mut, denn er wusste genau, würde er Sturmwind auf den Mund küssen, würden sie für heute bestimmt keinen Schritt mehr weiterkommen. "Ja, lass uns noch ein gutes Stück Wegs hinter uns bringen, sonst sind wir alt und grau, bevor wir überhaupt in die Nähe deines Dschungels kommen. Wenn wir beide so weitermachen, kommen wir sowieso nicht an", grinste Joran, trat das Feuer sorgfältig aus und nahm seine Sachen auf.
Und wieder war diese Kribbeln da. Er ließ
Joran, schlang nicht die Arme um ihn, wie es ihm eigentlich verlangte,
wusste er doch nun, dass er noch viel Zeit mit dem aufregenden Elf
verbringen konnte. Sie marschierten eine Weile still nebeneinander her, bis Joran plötzlich sagte: "Nur bei den Dingen, die du noch nicht richtig besessen hast, wird's du stürmisch?? Dann muss ich mich ja richtig in Acht nehmen, bis du...... " Mit einem kleinen, hinterhältigen Grinsen ließ er bewusst den Rest des Satzes offen. "Na ja, wir haben ja noch eine Menge Zeit, denke ich, denn dieser Dschungel wird ja wohl nicht gleich um die Ecke sein, oder? Weißt du überhaupt, wo wir anfangen müssen zu suchen? Wo hast du deinen Bruder das letzte Mal gesehen oder von wo hast du die letzte sichere Nachricht von ihm?" Joran sah Sturmwind fragend von der Seite an.
"Bis ich was?" Sturmwind sah
Joran von der Seite an und plötzlich verstand er, was der blonde Elf
meinte. Ungehalten schoss ihm das Blut in die Wangen, dann riss er sich
zusammen und versuchte die Vorstellungen von ihrem bevorstehenden ersten
Mal zu verdrängen, damit er sich auf Jorans nächste Frage
konzentrieren konnte. "Hm, nicht gerade viele Anhaltspunkte", grübelte Joran. Er hatte beschlossen, das Thema Felle teilen und jedwede Diskussion dazu bis auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Jetzt ging es erst mal darum, den weiteren Weg und ihre Vorgehensweise festzulegen. "Kennst du den Weg zum Nachtschattenwald?" |