Am Waldsee

Teil 26

Vor Sturmwind lag das Gebirge. Er sah zu Joran und zog die Schultern leicht fröstelnd nach vorn. Es war kühl geworden in den letzten zwei Neumonden und das die Sonne unterging, war auch nicht gerade hilfreich.

"Da vorn muss irgendwo eine Höhle sein", erklärte Sturmwind und deutete auf einen schwarzen Fleck in dem grauen Fels.

Joran zog Sturmwind dichter an sich ran um ihm ein bisschen seiner Wärme zu geben. Er wollte gerade etwas erwidern, doch gingen seine Worte in einem ohrenbetäubenden Donnergrollen unter und ehe sie sich's versahen, begann es wie aus Kübeln zu schütten. "Los zu den Felsen!", rief Joran und zog Sturmwind hinter sich her. Nach einigem Suchen hatten sie die Höhle gefunden, doch es war zu spät, der Regen hatte sie bereits bis auf die Knochen durchnässt. Leise vor sich hinschimpfend, ließ Joran seinen Beutel und den Langbogen von der Schulter gleiten, dann entledigte er sich seines nassen Lederhemdes. "Los Sturmwind, zieh deine nassen Klamotten aus, sonst holst du dir den Tod. So ein Mist, wir haben nicht mal trockenes Holz um eine Feuer zu machen und unsere Sachen zu trocknen. So brauchen die doch eine Ewigkeit."

Sturmwind lief neben Joran, folgte ihm in die Höhle und schüttelte sich leicht, dann strich er sich mit den flachen Händen das Wasser aus dem Gesicht. Trotz der Situation fing er an zu lachen. Es war einfach zu komisch. Beide waren sie pitschnass und Joran drängte ihn dazu sich auszuziehen.

"Du willst mich doch nur ansehen", kicherte er und zog seine Lederweste aus. "Wenn das die Höhle ist, in der ich schon übernachtet habe, dann müsste hier noch irgendwo Holz sein." Er streifte sich die Schuhe und die Hose vom Leib, dann grinste er Joran an. "Soll ich weitermachen?"

Joran drehte sich zu Sturmwind um. "Was?", fragte er irritiert. Als er sah, dass Sturmwind nur noch im Lendenschurz vor ihm stand, grinste er megabreit. "Vor zwei Mondumläufen noch schüchtern wie ein junges Mädchen und heute machst du schon alte Elfen an." Er schüttelte sich vor Lachen. "Ich glaube, ich muss dich mal wieder übers Knie legen." Sich umdrehend suchte er das Feuerholz, welches er schnell gefunden hatte und bald brannte ein lustiges Feuer im Eingang der Höhle und erwärmte sie zusehends. Draußen vor der Höhle ging die Welt unter. Die Naturgewalten schienen beschlossen zu haben, die Welt der zwei Monde an diesem Abend zu ertränken. Joran und Sturmwind hatten noch schnell ihr Schlaflager errichtet und die mitgebrachten Vorräte für ein Nachtmahl hervorgeholt. Als Sturmwind sich nach seinem Beutel bückte, trat Joran leise von hinten an ihn heran......

..... und klapste ihm auf den Hintern. "Los, Rabenhaar, zieh das mal aus, sonst holst du dir noch irgendeine Krankheit. Außerdem will ich auch aus meiner nassen Hose raus. Schließlich bin ich für Gleichstand."

Grinsend kam Sturmwind wieder hoch. Er sah Joran an und raunte: "Wenn du mich unbedingt nackt sehen willst, dann musst du schon Hand anlegen..."

Joran ging vor ihm auf die Knie, griff mit beiden Händen nach Sturmwinds Po und zog ihn zu sich ran. "Grrrrr, bei so was werde ich zum wilden Tier!!!!", rief er mit einem düsteren Geschichtsausdruck. Spielerisch schnappte er nach Sturmwinds Bauch und den Knoten des Lendenschurzes.

Sturmwind lachte leise auf, als Joran ihn an sich zog. "Dann zeig mal was du kannst, du wildes Tier..." Sein Lendenschurz fand den Weg auf den grauen Felsboden.

"Was soll ich schon tun? Ich werde dich vernaschen." Mit einem lüsternen Grinsen zog er Sturmwind die Beine unter dem Hintern weg und ließ ihn vorsichtig auf die Felle plumpsen. Sofort war er über ihm und sah ihm wild in die Augen. "Heute gibt es kein Entrinnen für dich, Rabenhaar", flüsterte er.

"Das hast du schon mal gesagt, wenn ich mich recht erinnere", raunte Sturmwind mit heftig klopfendem Herzen. Er sah in die grünen Augen über sich und blieb ruhig liegen. Was auch immer Joran jetzt vor hatte, er war bereit.

Er küsste den Jungen wild und hemmungslos. Keuchend stemmte er sich kurze Zeit später ein wenig hoch und sah in die dunklen Augen, die im Schein des Feuers glänzten. "Und ich habe immer noch eine nasse Hose an", sagte er leise.

"Das kann ich ändern", erklärte der junge Elf und drückte Joran hoch. Schnell griff er ihn bei den Hüften, strich mit den Fingern über den Hosenverschluss und ließ sich verdächtig viel Zeit beim Öffnen, bevor er dem Elf mit den grünen Augen einen leichten Stoß versetzte, dass dieser neben ihn fiel. Jetzt konnte er ohne Behinderungen das Leder über die Beine ziehen.

"So, bitte schön", grinste er. "Jetzt ist das nasse Leder verschwunden."

Joran schaute Sturmwind an, wie er so nackt vor ihm kniete. Die Wärme der Hände, die durch das nasse Leder gedrungen war, hatte seinen Herzschlag beschleunigt. Joran grinste mal wieder hintergründig, bevor er sagte: "Dann können wir ja was essen." Er zog die Beine neben Sturmwinds Körper weg, stand behände auf und ging zum Feuer. Dort breitete er ihre nassen Sachen zum Trocknen aus. Sich über die Schulter umblickend fragte er den jungen Elfen: "Kommst du?"

"Ja, ich habe auch Hunger." Sturmwind kam auf seine Füße, trat hinter Joran, schmiegte sich an ihn und schlang die Arme um ihn. Sacht strich er mit den Fingern über den flachen Bauch, ehe er in Jorans Ohr hauchte: "Bist du mein Nachtisch?"

Er schloss kurz die Augen und genoss Sturmwinds Nähe. Ja, heute Nacht würde es passieren, dessen war sich Joran sicher. Sturmwind war so weit. Er atmete einmal tief durch, dann zog er Sturmwind hinter sich hervor und sagte, um einen gleichgültigen Ton bemüht: "Mal sehen."

Sturmwind fixierte Joran, hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen und murmelte: "Nicht mal sehen...", dann ging er zurück zum Schlaflager und nahm ein Fell an sich, um es neben dem Feuer abzulegen, damit er sich nicht auf den blanken Fels setzen musste. Gemütlich kramte er in seinem Bündel und suchte die getrockneten Pilze hervor und einen kleinen Kessel. Er verspürte Appetit auf eine Suppe und so bat er: "Kannst du den mal in den Regen stellen!"

Suchend kramte er weiter, bis er die getrockneten Kräuter und ein wenig getrocknetes Fleisch gefunden hatte. Das würde reichen, fehlten nur noch die wilden, runden Knollen, die Joran als Erdäpfel betitelt hatte, dann könnte er loslegen. "Wie viele Erdäpfel haben wir noch?"

"Bin ich denn dein Troll?", grummelte Joran, nahm aber trotzdem den Kessel und stellte ihn unter einen der kleinen Sturzbäche, die über den Höhleneingang hinabliefen und die Höhle nach außen hin wie mit einem Vorhang abschlossen. Vorsichtig lugte er zu Sturmwind hinüber, der hinter dem Feuer saß und seine getrockneten Vorräte sortierte. "Nimm doch das frische Fleisch und lass das getrocknete als Vorrat. In dem Sack neben meinem Bogen ist das Fleisch und da sind auch noch Erdäpfel drin." Dann drehte er sich wieder um und blickte in den Regen hinaus. Ohne Unterlass krachte ein Donnerschlag nach dem anderen und immer wieder erhellten Blitze die Höhle. Joran liebte Gewitter, zumindest, wenn er dabei im Trocknen sitzen konnte. Er dachte gerade an ein besonders heftiges Gewitter, das er als Kind erlebt hatte. Ein Elf von gerade mal sechs Sommern, hatte er Gewitter nur als kurze Himmelserscheinungen erlebt. Aber dieses eine Mal war es mit einer Heftigkeit über das Dorf hereingebrochen, dass es nur so seine Art hatte. Die Webhütten, die in den Boden gegraben und mit einem hölzernen Dach versehen waren, waren alle fast vollständig vollgelaufen. Die Frauen hatten versucht ihre Webarbeiten vor dem Wasser in Sicherheit zu bringen, doch das Wasser war schneller und ruinierte die Arbeit von vielen Wochen. Doch die Kinder liefen schreiend und sich in den Pfützen balgend durch das Dorf. Obwohl es Sommer war und eigentlich für das Nordland ziemlich warm, lagen am nächsten Morgen alle Kinder mit einer heftigen Erkältung in den Fellen und bescherten den Müttern, neben der zusätzlichen Webarbeit, triefnasige und hustende Elfenkinder. Kjeldal, der Schamane, hatte alle Hände voll zu tun und verbrauchte den gesamten Jahresvorrat an Kräutern, um genug Medizin zur Kurierung der bellenden Elfenkinderschar herzustellen.

Seine Erinnerung an das Gewitter von damals war so real, dass er sogar noch das Wasser der Pfützen an seinen Füssen spüren konnte. Plötzlich ging ihm auf, dass das nicht die Erinnerung an das Gewitter von damals war, sondern dass der Kessel mittlerweile übergelaufen war. Fluchend nahm er ihn auf und kippte einen Teil des Wassers wieder aus. Dann trug er ihn zum Feuer und stellt ihn Sturmwind vor die Füße. "Dein Wasser."

Sturmwind befolgte Jorans Rat, zog sich dessen Rucksack heran und suchte das Fleisch und die Erdäpfel heraus. Er nahm auch Jorans Messer an sich und schälte die Knollen, bevor er sich in Würfel schnitt, dann hackte er die Kräuter klein und ließ alles auf dem kleinen Brettchen liegen. Sein Blick glitt zu Joran, der aus der Höhle schaute. Versonnen sah er den blonden Elf an, ließ die Augen über dessen Rückfront gleiten und atmete einmal tief durch.

Er ließ Joran in Ruhe, der vor sich hinzuträumen schien und dachte selber nach. Er freute sich auf den Dschungel, auf die Wärme, die überwältigenden Düfte der Pflanzen und das Schreien der Klettertiere. Im Kopf zählte er fix die Neumonde nach, seit er gegangen war. Wenn sie den Dschungel erreichten, würde es nicht mehr lang bis zur Regenzeit sein. Sie mussten das Dorf der Schattenwaldelfen schnell finden, wenn sie nicht ständig klatschnass sein wollten.

Er schreckte hoch, als Joran ihm den Topf vor die Nase stellte, bedankte sich und baute ein einfaches Gerüst, an dem er den Topf mit dem Henkel anbringen konnte. "Setz dich zu mir!", bat er leise.

Joran kam der Aufforderung nach und beobachtete Sturmwind bei den Vorbereitungen der Suppe. Sein Gedanken gingen schon wieder auf Wanderschaft. Sollte es wirklich heute Nacht passieren? Der Nordland-Elf musste sich eingestehen, dass er ein wenig ängstlich war. Er war kein grüner Jungelf mehr, schließlich hatte er damals Sturmwinds Frage nach der Anzahl seiner Partner wahrheitsgemäß beantwortet. Er hatte schon seine Erfahrungen, aber so einen unerfahrenen Gefährten hatte er noch nie. Nicht mal Ringg war in der Hinsicht ganz unbeleckt, wenn seine Erfahrungen sich auch mehr auf Mädchen bezogen. Aber Sturmwind war ja nun wirklich in dieser Hinsicht ein Neuling. 'Auch wenn er in den letzten zwei Mondläufen mächtig aufgeholt hat.', grinste Joran in sich hinein.

Als das Wasser endlich kochte, gab Sturmwind die Erdäpfel und einige Kräuter hinein, damit es ziehen und die Erdäpfel weich werden konnten. Das Fleisch schnitt er in feine, dünne Streifen, die er zum gar werden einfach auf einen heißen Stein legte. Nun hieß es warten...

Er lehnte sich an Joran und zog dessen Arme um sich. "Woran denkst du?", erkundigte er sich. Ihm war aufgefallen, dass der blonde Elf sehr still geworden war.

Joran schreckte aus seinen Gedanken hoch, als Sturmwind sich an ihn lehnte. Wie aus weiter Ferne hörte er Sturmwinds Frage. Konnte er ihm sagen, was ihn bewegte? Nein, ganz bestimmt nicht. Er würde diese Nacht einfach auf sich zukommen lassen und sehen, was geschah. "Ach nichts, Rabenhaar", antwortete er, zog Sturmwind noch dichter an sich und drückte ihm einen Kuss auf das noch immer feuchte Haar.

Sturmwind hob seinen Kopf ein Stück an, küsste Joran und schmiegte sich enger an ihn. Es würde noch ein paar Momente dauern bis sie essen konnten.

Ein eigenartiges Gefühl hielt den jungen Elf fest. Etwas lag in der Luft, wenn er auch nicht wusste was. Die Luft schien zu knistern und ein angenehmes Kribbeln machte sich in seinem Leib breit. Ob es heute geschehen würde? Er wünschte es sich schon seit einer Weile, hatte sich Joran gegenüber aber noch nicht dazu geäußert. Er wollte mit dem blonden Elf eins sein und endlich verstehen...

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