Am Waldsee Teil 33 Sturmwind aß so lange, bis sein Magen voll war, dann sammelte er noch einige Kräuter und packte Kirschen für Joran ein und machte sich langsam auf den Rückweg. Er sah Joran, der gerade in der Höhle verschwinden wollte. "Warte!", rief er und rannte auf ihn zu. Kurz vor ihm kam er zum Stehen. "Ich hab was für dich." Grinsend hängte er Joran Kirschpaare an die Ohren."Oh, Kirschenohrringe, das ist nett." Joran grinste wie ein kleines Kind. "Ich habe auch ein Leckerli für uns gefunden." Mit diesen Worten schlug er das Leder zurück und präsentierte stolz die Honigwabe. "Bei diesem vielen süßen Kram ist uns morgen bestimmt schlecht", lachte er. "Aber in meinem Beutel sind noch Kräuter, die dagegen helfen. Na, hoffentlich brauchen wir die nicht." Joran ging in die Höhle, deponierte die Honigwabe sorgfältig auf einem aus Zweigen improvisierten Tisch. "Dann wollen wir mal sehen, wer die Wette gewonnen hat." Er zeigte seine Ausbeute an Pilzen vor. "Du hast die Wette vorgeschlagen", grinste Sturmwind "Und da ich keine Ahnung von Pilzen habe..." Mit diesen Worten kippte Sturmwind seinen Beutel aus und schaute der Flut nach, die sich auf den Boden ergoss. "Der Menge nach bin ich der Sieger..."
Laut lachte Joran auf, legte den
Kopf in den Nacken und konnte sich überhaupt nicht mehr beruhigen. Mit
Tränen in den Augen gluckste er: "Ja, die Wette hast du gewonnen.
Ich gebe mich geschlagen." Er zog Sturmwind in seine Arme und küsste
ihn zärtlich. "Aber wenn wir deine Pilzbeute essen, dann werden
wir morgen Früh bestimmt nicht aus den Fellen kommen, denn dann sind
wir mit Sicherheit tot." Joran sortierte mit geübten Blick die
Pilze in zwei Haufen. "Diese Pilze können wir bedenkenlos
essen." Er wies auf einen sehr kleinen Haufen. "Aber die Pilze
auf diesem Haufen bringen uns schneller in den Palast der Hohen als uns
lieb ist." Joran zeigte Sturmwind, woran er die als giftig
aussortierten Pilze erkennen konnte.
Sturmwind lauschte aufmerksam,
stellte hier und da mal Zwischenfragen und hoffte, dass er das Gelernte
bis zum nächsten Mal behielt. Ein leichter Schauer rann dem jungen Elf
über den Rücken, als Joran an seinem Ohr flüsterte. Er erwiderte den Kuss
kurz und löste sich dann von dem blonden Elf, um mit ihm die
essbaren Pilze kleinzuschneiden, damit sie schneller trockneten, einige
hob er für die Suppe auf. Danach wusch er die gesammelten Kräuter,
band sie zu kleinen Sträußen und suchte einen Felsvorsprung, wo er sie
aufhängen konnte. Joran antwortete mit einer Gegenfrage. "Passt denn in deinen Magen noch was rein? So viele Kirschen, wie du gegessen hast?" "Eigentlich nicht. Ich dachte nur, dass, wenn wir die Suppe jetzt machen, sie heute Abend noch ein wenig durchgezogen ist und dadurch besser schmeckt und das..." Sturmwind verstummte, legte die Hände an Jorans Taille und fuhr leiser fort: "... wir dadurch mehr Zeit für uns haben." Joran schmunzelte, ließ sich nur zu gern von Sturmwind näherziehen. "Gutes Argument. Dann koch du mal die Suppe und ich kümmere mich in der Zwischenzeit hier drum." Er hielt die Rettichknollen hoch. "Was ist das?" Sturmwind sah auf die riesige Möhre, die nicht mal rot war, dabei strich er sacht Jorans Seiten entlang. Statt einer Antwort legte Joran die freie Hand in Sturmwinds Kreuz, zog ihn ganz dicht an seinen Körper und küsste ihn mal wieder. Dann sagte er: "Das ist wilder Rettich; aus dem mache ich eine scharfe Paste. Die kann in der Schärfe zwar nicht mit deinem Mundfeuer konkurrieren, aber sie wird dir bestimmt auch schmecken. Und jetzt wird jeder seine Aufgaben erledigen, sonst haben wir heute Abend doch kein Essen." Joran grinste, drehte Sturmwind in Richtung Feuer und gab ihm einen Klaps auf den Hintern. Dann begann er, in seinem Beutel zu kramen, aus dem er dann eine Rindendose zu Tage förderte.
Sturmwind ergab sich dem Kuss. Das
Leben konnte so wundervoll sein... **Aber nur, wenn du auch mitkommst, Schneestern. Sonst ist es mir da oben zu einsam.** **Ich komme gern mit**, antwortete Sturmwind und hockte sich neben den Bach, den er endlich erreicht hatte. Zuerst füllte er die Schläuche auf. **Und am liebsten würde ich mit dir für immer da oben bleiben.** Dann spülte er den Topf aus, wusch ihn mit den Händen und ließ klares Wasser hineinlaufen. Die Trinkbeutel hängt er sich für den Rückweg einfach über und schon befand er sich auf dem Weg.
Joran wartete mit seiner Antwort,
bis Sturmwind wieder in der Höhle war. Wortlos nahm er ihm die
Wasserschläuche ab und hängte sie an ein hölzernes Gestell, dass er
in der Zwischenzeit aus einigen Zweigen und Gräsern zusammengebunden
hatte. Aus der Rindenschachtel holte er einen Gegenstand, der in mehrere Lagen Stoff und Leder gewickelt war. Er glich einer leicht gebogenen Tontafel, deren Oberfläche mit unzähligen kleinen, feinen Spitzen übersäht war. Liebevoll strich Joran mit einem verträumten Gesichtsausdruck darüber. Sturmwind schichtete neues Holz auf, brachte es zum Brennen und hängte den Topf auf. Dann suchte er sich einen Platz, von dem er Joran gut beobachten konnte und begann die Erdäpfel und Möhren zu schneiden. Immer wieder sah er Joran an, der den Rettich schabte. Leise erhob er sich, gab vor, etwas zu suchen und trat hinter Joran. Vorsichtig ging er in die Hocke und hauchte einen Kuss auf den Nacken vor sich. Lächelnd zog er sich wieder zurück und erledigte seine Arbeit. Eine Gänsehaut jagte über seinen Körper, als er die weichen Lippen in seinem Nacken spürte. Schmunzelnd sah er auf und in Sturmwinds Gesicht. Wie um seine Träumerei zu entschuldigen, sagte er: "Das war das letzte Stück, dass meine Mutter getöpferte hatte, bevor sie......" Er brach mit einem gequälten Grinsen ab, denn er wollte Sturmwinds Fröhlichkeit nicht belasten. Statt dessen widmete er sich wieder den Rettichen.
Sturmwind horchte auf. Ihn jagten
seine eigenen Gedanken und Jorans Gesichtsausdruck ließ ihn etwas
erahnen. Doch ob er damit richtig lag, wusste er nicht. Konnte er den
Elf einfach danach fragen? Joran hielt kurz in seiner Arbeit inne. Er legte eine Hand auf Sturmwinds Hand auf seinem Oberarm und drückte sie dankbar. "Meine Mutter starb bei der Geburt meines jüngeren Bruders, als ich gerade mal fünf Sommer alt war. Der Schamane war nicht in der Lage, sie oder das Kind zu retten." Ein Anflug von Bitterkeit klang in seiner Stimme mit. "Obwohl das nun schon 20 Sommer her ist, schmerzt mich der Gedanke immer noch und besonders immer dann, wenn ich diese Reibe benutzte. Sie ist für mich sehr wertvolle, eben weil es das Letzte ist, was ich von ihr habe. Nach ihrem Tod zog mich dann meine Schwester Berihin auf." Joran seufzte kurz, dann lächelte er Sturmwind wieder an. "Aber mach dir um mich keine Sorgen, ich habe es mittlerweile verwunden." Leise fügte er dann, den Blick von dem jungen Elfen abgewendet, hinzu: "Glaube ich jedenfalls." Sturmwind konnte den Schmerz sehr gut nachfühlen. Er lehnte sich gegen Joran, zeigte ihm damit, dass er für ihn da war. "Das ist eine Erinnerung die uns verbindet." Mehr wollte ihm nicht einfallen. Sacht strich er mit der anderen Hand über Jorans Rücken. "Und dein Vater? Wie geht es ihm? Er hat Gefährtin und Kind verloren. Wie kommt er damit zurecht?" Joran versteifte sich bei dieser Frage und antwortete barsch: "Das weiß ich nicht, es interessiert mich auch nicht." Damit war das Thema für ihn erledigt. Er widmete sich wieder seiner Arbeit.
Sturmwind schien einen wunden Punkt
getroffen zu haben. Kurz biss er sich auf die Unterlippe, strich Joran
noch mal über den Rücken und erhob sich. Tief atmete er durch, ehe er
die Höhle verließ, um mit Jorans abweisenden Verhalten umzugehen.
Obwohl tief in ihm die Neugierde brannte, wagte er es nicht, weitere
Fragen zu stellen. Er würde ihn erst mal in Ruhe lassen. Schnell waren die restlichen Rettich-Knollen gerieben. Joran verrührte den Brei noch mit einigen Gewürzen, die er aus dem sonnenlosen Land mitgebracht hatte und füllte die Masse in einen Tontopf, den er mit dem passenden Holzstopfen fest verschloss. Dann trat er aus der Höhle heraus in die Sonne, blickte sich suchend nach Sturmwind um und als er ihn auf einem sonnigen Fleckchen dösend gefunden hatte, sagte er ruhig: "Ich gehe eben mal an den Bach, mir die Hände waschen." Ohne auf eine Antwort zu warten ging er los. Nein, er würde Sturmwind keine Fragen zu seinem Vater beantworten und wenn der Junge vor Neugier platzte. Als er vom Bach zurück kam, setzte er sich neben Sturmwind hin und sagte leise: "Entschuldige, dass ich dich eben so angeblafft habe, aber mein Vater ist ein Thema, über das ich nicht rede. Akzeptiere es." Damit ließ er sich nach hinten fallen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen.
Sturmwind nickte, setzte sich auf
und sah Joran nach, als dieser zum Bach verschwand. Nach einer Weile kam
der blonde Elf wieder und ließ sich ohne ein Wort neben Sturmwind
nieder. Sturmwind saß wie auf Kohlen und endlich öffnete Joran seinen
Mund, nur um ihm zu sagen, dass er über seinen Vater nicht reden
wollte. Sturmwind sah Joran an. "Danke, Schneestern." Joran legte seinen Arm um Sturmwind, zog ihn an sich und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. "Schneestern, Rabenhaar? Wie viele Namen hast du noch für mich?" Mit den Finger zeichnete er kleine Kreise auf Jorans Bauch. "So viele Namen, wie mir noch einfallen." Joran konnte wieder lächeln. "Oder gefallen sie dir nicht?" Die Finger auf seinem Bauch verursachten ein angenehmes Kribbeln. "Wenn ich etwas gern habe, dann gebe ich ihm gern Kosenamen, mein Schneestern. Außerdem bist du für mich wie ein Schneestern, genau so kostbar, wohlduftend und zart. Die Schneesterne sind aber auch stark, denn sie sind die ersten Pflanzen, die der Kälte des Schnees trotzen und ans Licht der Sonnen kommen, genau wie du. Du hast auch allen Widrigkeiten des Lebens getrotzt und hast dich bis ans Licht zurückgekämpft." "Doch, mir gefallen die Namen. Es ist nur, weil ich bisher immer nur Sturmwind gerufen wurde." Sturmwind vertiefte seine Streicheleinheiten. "Es ist schön, wenn du mich so nennst." Vorsichtig rutschte er näher, kuschelte sich noch enger an und kicherte: "Du musst mich sicherlich aufscheuchen, sonst gibt es nachher keine Suppe." Joran schnurrte leise und genoss Sturmwinds Streicheln. "Dann gibt es eben wieder kleinen Elfen zum Abendbrot genau wie zum Frühstück und wie gestern Abend", grinste Joran und blieb einfach liegen. "Dann müssen wir wenigsten die Erdäpfel ins Wasser legen, die ich schon fertig geschnitten habe, sonst werden sie schwarz." Sturmwind drückte einen Kuss auf Jorans Brust und erhob sich. Blitzschnell richtete sich Joran auf, griff nach Sturmwinds Hand und zog ihn wieder zu sich hinunter. "Hier geblieben, Schneestern. Erst will ich noch einen richtigen, ordentlichen Kuss!" Sturmwind ließ sich einfach fallen, dann eroberte er Jorans Mund. Vorsichtig robbte er auf den Körper unter sich und streckte sich lang aus. Er umspielte Jorans Zunge und seufzte leise. **Darf ich jetzt gehen?** Joran beendete den Kuss. "Ungern. Aber geh lieber, ehe ich es mir anders überlegen." Dabei grinste er schelmisch. Sturmwind sprang auf, eilte in die Höhle und packte das Brettchen. Mit Schwung entleerte er es über dem Kessel und nickte zufrieden. Nun konnten die Erdäpfel, so lang wie es dauerte, im Wasser liegen, ohne das etwas geschah. Kurz holte der junge Elf noch mal Luft, dann kehrte er zu Joran zurück. Neben ihm blieb er stehen, schaute auf ihn hinab und fragte: "Und nun?" Dabei stützte er die Hände in die Hüften. Joran blinzelte zu ihm hoch und überlegte: "Geschwommen sind wir heute schon, Essen haben wir auch gesammelt, zum Jagen hatten wir keine Lust. Was haben wir heute noch nicht gemacht?" Ein anzügliches Grinsen zog über sein Gesicht. Dann stemmte er sich langsam hoch, kam mit lasziven Bewegungen auf Sturmwind zu, zog ihn in seine Arme und flüsterte ihm ins Ohr: "Lass uns ein bisschen spazieren gehen." Sturmwind lächelte bei Jorans Worten. Willig ließ er sich in die Arme schließen. "Ja, lass uns spazieren gehen und dann suchen wir uns einen gemütlichen Platz." Ohne Scham strich er Joran über den Hintern, drängte sich etwas näher an den Körper und strich mit den Lippen über Jorans. /Was du wohl wieder denkst, Kleiner?/ Joran grinste in sich hinein. Er würde Sturmwind heute mal ein bisschen kurz halten, sonst jammerte er ihm wo möglich die nächsten Tage die Ohren voll. Einen Arm um die schmale, braune Taille legend schlenderte der Nordland-Elf los.
Sturmwind genoss den Arm um seine
Taille, passte sich Jorans Schritten an und ließ sich von ihm führen.
Sein Blick schweifte durch das Grün des Waldes. Es brachte ihn immer
noch zum Staunen, wenn ihm die Unterschiede zwischen seinem
Heimatdschungel und dieser Art Wald bewusst wurden. Sturmwinds Interesse freute Joran und bald war er ganz in seinem Element, dem jungen Dschungelelfen alles zu erklären. Er zeigte ihm, welche Beeren er essen konnte und welche er doch lieber am Busch hängen lassen sollte, ebenso wies er ihn auf die giftigen Pilze hin. "Sieh mal, diese weißen kleinen knubbeligen Gesellen schmecken hervorragend. Wir nannten sie Weißkappen (Champignons). Meistens wachsen sie auf Wiesen. Aber sie haben sehr gefährliche Doppelgänger, die dich innerhalb von Stunden in den Palast der Hohen bringen." Als er in Sturmwinds fragendes Gesicht blickte musste er mal wieder lachen. Schnell hauchte er ihm einen Kuss auf die Wange, dann fuhr er fort: "Die Weißkappen haben unter dem Hut rosafarbene bis dunkelbraune Blättchen. Siehst du?" Er drehte einen der Pilze um und zeigte auf die Lamellen. "Die Doppelgänger haben immer weiße, gelbe oder grüne Blättchen. Wenn dir so einer dazwischen gerät, dann schmeiß ihn gleich weg, es sei denn, du bist auf einen schnellen Einzug in den Palast erpicht." Joran zeigte ihm einige Tierfährten und erklärte zu welchen Tieren sie gehörten, ob die Verursacher gefährlich waren oder doch eher was für den Kochtopf. Er wies auf Bäume und Sträucher hin, erklärte ihre Vorzüge und aus welchem Holz man welches Werkzeug bevorzugt herstellen konnte.
Sturmwind versuchte sich alles zu
merken, doch Joran gab ihm so viele Informationen, dass er sich sicher
war, dass er die Hälfte davon spätestens morgen wieder vergessen
hatte. "Ich sag doch, gierig bis dorthinaus. Und ich habe auch ganz mächtigen Hunger, aber nicht auf dich." Joran sprach sehr ernst und verzog keine Miene. Langsam schlenderten er in Richtung Höhle davon. Sturmwind zuckte nur mit den Schultern, dann grinste er: "Du musst mich trotzdem noch mal mit deiner Wundersalbe versorgen..." Joran wurde den Verdacht nicht los, dass Sturmwind gar keine Schmerzen mehr hatte, sondern nur die Streicheleinheiten genoss. So brummte er nur eine Zustimmung und dachte sich seinen Teil. Fragend sah der junge Elf Joran von der Seite an. Sollte er den blonden Elf lieber in Ruhe lassen? Irgend etwas schien nicht zu stimmen. Sturmwind ließ sich etwas zurückfallen und lief schweigend hinterher. An der Höhle angekommen drehte sich Joran um. Wo war denn Sturmwind? Kurz darauf sah er den jungen Elfen hinter einem Baum hervorkommen. Schnell verschwand der Nordland-Elf in der Höhle und setzte sich auf die Schlaffelle. Erwartungsvoll blickte er Sturmwind entgegen. |