Am Waldsee

Teil 54

"Wie würde denn dein Gefährte reagieren, wenn er wüsste, dass du ihn eine Wildkatze nennst?" Geschickt wich Aro den Spritzern aus und begann sich zu entkleiden, dann tauchte er neben Joran in das kühle Nass. "Jedenfalls sieht dein Hintern gut mit den Striemen aus. Sturmwind hat wohl etwas arg zugefasst."

Joran drehte sich und besah sich, so gut es ging, sein Hinterteil. "Tja, wenn mein Schneestern erst mal im Liebesrausch ist, dann kann er schon ganz schön heftig sein." Mit einer liebevollen Geste strich er sich über seine Kehrseite und dachte an die vielen Momente, in denen sich Sturmwind in höchster Erregung hatte gehen lassen. Er liebte es, wenn der junge Elf sich vollkommen in seinen Gefühlen verlor.

Mit einem Hechtsprung tauchte Joran unter, schwamm das kurze Stück unter Wasser auf Aro zu und tauchte unmittelbar vor ihm auf.

"Ich weiß nicht, wie Sturmwind reagieren würde, aber ich kann es ja mal bei Gelegenheit ausprobieren. Mehr, als dass ich einem Gelbstreifen noch ähnlicher sehe, kann mir ja eigentlich nicht passieren."

"Und zur Not bin ja ich da und kann dich heilen." Aro schaute in die grünen Augen vor sich und erschauerte. Ihm schien es, als könnte Joran ziemlich tief in sein Innerstes sehen, aber das täuschte sicherlich nur. Aro wandte sich ab, begann einfach sich mit dem kühlen Nass zu waschen und versuchte nicht ständig zur Seite zu illern und Joran anzuschauen.

Er betrachtete Aros Rücken, ließ den Blick weiter hinunter schweifen und landete beim Hintern des anderen Elf. Kurz musste er trocken schlucken und seine aufsteigende Erregung zurückdrängen. /Wieso erregt mich Aros Anblick so? Weil er uns vorhin beobachtet hat? Ist es das? Oder sehe ich mehr in Aro?/

Ohne nachzudenken trat Joran dicht hinter Aro und legte seine Hände sanft auf dessen Hüften. Er spürte die Wärme die von des anderen Körper ausging.

"Was hast du dir heute morgen vorgestellt, im Bach? Welches Bild hattest du vor Augen?", flüsterte er ihm ins Ohr und ließ zart seine Lippen über den Rand des Ohres streichen.

"Hast du dir gewünscht an Sturmwinds Stelle zu sein? Wolltest du mich spüren?" Jorans Hände strichen mit fast nicht spürbaren Berührungen langsam über Aros Bauch und ein Stück die Brust hinauf.

"Und als du sich selber berührt hast? Was hast du dir da vorgestellt, wessen Hände dich umfassen? Sturmwinds? Meine?" Er trat noch ein Stück näher an Aro heran, ohne ihn jedoch mit seinem Körper zu berühren.

"Sag es mir, Aro!", forderte er leise, aber bestimmt.

Aro zuckte zusammen, als Joran ihm so nah kam, dann versteifte er und spürte, wie sich sein Herzschlag erhöhte. Er hörte die Worte, lauschte den Fragen und versuchte die Berührungen zu ignorieren, was ihm nicht gerade gelang. Jorans Hände waren warm, bildeten einen starken Kontrast zu dem kalten Wasser und das gefiel ihm.
Es kostete Aro sehr viel Kraft sich von der Nähe zu befreien, doch er schaffte es und entzog sich Joran, dann sah er ihn an und schüttelte den Kopf. "Ich habe weder an dich, noch an Sturmwind gedacht", antwortete er mit unsicherer Stimme und versuchte seine Atmung unter Kontrolle zu bringen, die tief und unregelmäßig heftig ging.

Joran trat wieder dicht an Aro heran, strich langsam mit den Fingerspitzen über Aros Wangen, hinunter zum Hals und dann weiter zur Brust. "Wirklich?", fragte er leise und hielt den Blick der braunen Augen fest. Ganz langsam strichen die sanften Fingerspitzen weiter über den Bauch, tiefer hinunter, bis sie kurz vor Aros Schoß stoppten.

"Woran hast du dann gedacht?", fragte er leise und näherte sein Gesicht dem des alten Elfen.

Aro erzitterte unter den Berührungen. "Warum tust du das?", fragte er und ging nicht auf die vorhergegangene Frage ein. Ihm gefielen die Berührungen ja, aber etwas in ihm weigerte sich, diese zu akzeptieren.

"Weil ich spüre, dass du neugierig bist. Du und Sturmwind, ihr seid euch in vielem ähnlich. Auch er wollte zu Anfang seine Neugier nicht akzeptieren, die Neugier darauf, wie es ist, sich mit einem Mann zu vereinen. Auch du bist darauf neugierig. Lass es mich dir zeigen."

"Ja, ich war neugierig", gab Aro zu und entzog sich Joran. "Aber das heißt noch lange nicht, dass ich es ausprobieren möchte. Sturmwind und du, ihr könnt euch so oft vereinigen wie ihr wollt, aber lass mich da raus."

"Feigling", flüsterte er Aro lächelnd ins Ohr und watete aus dem Bach.

"Ja, dann bin ich eben ein Feigling", knurrte Aro und sah Joran nach. "Wenn du der Meinung bist, dass du und ich uns vereinigen sollten, dann bitte, aber ich bin nicht der Meinung." Wütend stapfte Aro aus dem Wasser und griff nach seiner Kleidung.

"Ich bin nicht der Meinung, dass wir beide die Felle teilen sollten. Ich dachte nur, du wärst neugierig."

Aro seufzte leise auf und trat neben Joran. "Natürlich bin ich neugierig, das hab ich ja auch zugegeben, aber..." Er verstummte und ließ den Blick über den Körper vor sich gleiten.

Joran drehte sich lächelnd Aro zu. Zart strichen seine Finger über dessen Wange, durch dessen Haar und zogen ihn dann sanft näher heran. Langsam senkte Joran seine Lippen auf Aros und küsste ihn vorsichtig. Die freie Hand legte er auf die Hüfte des anderen und zog ihn auch hier näher an seinen Körper. **Sag mir, wenn ich zu weit gehe.**

Aro wurde wieder überrumpelt von Jorans Annäherung. Er konnte sich nicht mehr wehren, denn soeben spürte er die warmen Lippen und seufzte auf. Es war ein schönes Gefühl und es prickelte so angenehm. Es war so ewig lange her, dass Aro jemandem so nah gewesen war und was sprach eigentlich dagegen, wenn er sich einmal befriedigen ließ. Er ging nicht auf den Kuss ein, ließ Joran einfach machen und beschloss abzuwarten.

Er spürte, wie sich Aro fallen ließ und lächelte in den Kuss hinein. Langsam drängte er Aro zurück, bis er an eben den Baum stieß, an den Joran Sturmwind schon am Morgen gedrängt hatte. Behutsam drängte er sich an Aros nackten Körper, ließ seine Hand nun von der Hüfte sanft die Seite hoch streichen und dann über die Brust, während seine Zunge sachte über Aros Lippen strichen und um Einlass bat.

Aro glaubte, dass sein Herz bersten wollte, als Joran ihn bestimmend an einen Baum drängte. Er gab der drängenden Zunge nicht nach. Nein, er würde sich nicht auf diesen Kuss einlassen! Joran durfte ihn gern berühren, aber nicht küssen und so erzitterte der Elf unter den Berührungen.

Erstaunt unterbrach Joran den Kuss und sah in Aros braune Augen. "Warum nicht?", fragte er leise und strich weiter über dessen Brust.

"Du darfst mich berühren, aber nicht küssen", antwortete Aro. "Das hebe ich mich für meine nächste Gefährtin auf."

Joran musst nun doch grinsen. "Dann haben wir etwas gemeinsam. Auch ich hebe mir etwas nur für Sturmwind auf." Dann wurde er wieder ernst.

"Willst du es wirklich oder tust du es nur, damit ich Ruhe gebe?" Er wollte Aro wirklich gerne zeigen, wie schön es ist, aber er wollte ihn weder überreden noch zwingen, denn nur wenn er sich ihm wirklich freiwillig hingab und ihm vertraute, würde es für Aro ein unvergessliches Erlebnis werden.

Als Joran den Namen seines Gefährten aussprach, erwachte Aro aus seinem Traum und sah den blonden Elf an. "Was wird Sturmwind dazu sagen? Du bist sein Gefährte und gerade dabei mich anzumachen."

"So? Mache ich dich also an?", fragte Joran mit hochgezogener Augenbraue. "Sturmwind muss ja nicht alles wissen, nicht wahr? Aber vielleicht hast du Recht, wir sollten zurück gehen."

"Irgendwie schon", gestand Aro. "Es tut ganz gut, mal wieder in den Arm genommen zu werden." Fragend sah er Joran ins Gesicht. Er wollte seinen Gefährten tatsächlich hintergehen und ihm verschweigen, was er gerade versucht hatte? "Ganz ehrlich, Joran, findest du mich erregend oder brauchst du nur mal eine Abwechslung?"

Mit schief gelegtem Kopf sah er Aro an. "Abwechslung von Sturmwind?" Er lachte kurz auf.

"Von dem Jungen kann ich nicht genug bekommen, da brauche ich keine Abwechslung. Sturmwind ist Abwechslung genug." Dann schwieg er einen Moment, in dem er Aro fest in die Augen sah.

"Willst du eine ehrliche Antwort? Ja, ich finde dich erregend, aber ich sage dir auch gleich, dass ich für dich keine Liebe empfinde. Wenn ich mit dir die Felle teilen würde, dann nur, um dir zu zeigen, wie schön und erregend es sein kann. Meine ganze Liebe gilt allein Sturmwind."

"Nur um mir zu zeigen, wie schön es sein kann?" Aro traute seinen Ohren nicht mehr. "Und du willst keinen eigenen Nutzen daraus zeihen?" Leise lachte der Elf auf und bemerkte, dass er sich noch immer in der Umarmung von Joran befand.

Joran grinste breit. "Klar ziehe ich da auch meinen Nutzen draus. Schließlich bin ich immer noch ein lebendes Wesen und kein gefühlloses Stück Holz." Er löste sich von Aro und begann, sich wieder anzuziehen, drehte sich dann wieder zu dem anderen Elfen um und fuhr sich mit einer fast schon verzweifelten Bewegung durch die strubbeligen blonden Haare.

"Oh ihr Geister, wie mache ich dir das nur klar!?" Er überlegte einen Moment. "Ich kann sehr gut unterscheiden zwischen Liebe und reinem körperlichen Verlangen. Sturmwind liebe ich wie mein Leben, aber du ziehst mich 'nur' körperlich an."

Fest sah er Aro in die schönen braunen Augen und hoffte, dass der alte Elf ihn verstand.

"Und wenn ich mit dir die Felle teile, nehme ich damit Sturmwind nichts weg und dir enthalte ich nichts vor."

Aro nickte. Er hatte schon begriffen, was Joran meinte und trotzdem ging es ihm nicht in den Kopf. Er begriff nicht, wie jemand, der einen wirklich lieben Gefährten hatte und ganz gewiss genügend Aufmerksamkeit bekam, sich trotz allem von einem Fremden angezogen fühlen konnte und nicht abgeneigt wäre, mit diesem die Felle zu teilen. Vielleicht war Aro ja auch nur zu lange allein gewesen, um dieses Verhalten zu verstehen.
Schweigend zog Aro sich an und bedeckte seinen Körper endlich wieder. Er war in einen Taumel gestürzt, denn Jorans Nähe hatte ihm schon irgendwie gut getan, aber auf der anderen Seite schrie es in ihm nein - zu mehr würde er nicht fähig sein.
"Mal angenommen ich lasse mich darauf ein", sagte er leise. "Würdest du mit mir das selbe machen wollen wie mit deinem Gefährten?"

"Ich würde das tun, was DU möchtest", antwortete Joran. "Und so, WIE du es möchtest. Ich zwinge niemanden zu etwas, weder Sturmwind noch dich." Er bemerkte den Widerstreit der Gefühle sehr wohl in Aro und fühlte sich an Sturmwind erinnert, damals, am See. Lächelnd trat er dem Elfen in den Weg, zwang dessen Kinn hoch, so dass dieser ihm in die Augen sehen musste. "Werde dir erst mal über deine eigenen Wünsche und Gefühle klar, Aro. Ich bin jederzeit für dich da." Dann hauchte er ihm einen leichten Kuss auf die Lippen, drehte sich um und ging davon.

Leicht kribbelten Aros Lippen, nachdem Joran ihm einen Kuss aufgehaucht hatte. Er sah Sturmwinds Gefährten nach, als dieser den Weg Richtung Lager einschlug.
Einen Moment blieb er noch stehen und atmete tief durch. In seinem Inneren begann ein Streit, ein Streit zwischen seinen Gefühlen und seinem logischen Denken. Ganz sicher hatte Aro nichts dagegen mal wieder zu kuscheln und sich an jemanden zu schmiegen, aber mehr?
"Warte!", rief er und eilte Joran nach. "Okay", murmelte er nur, nachdem er den blonden Elf eingeholt hatte und schaute stur auf seine Fußspitzen.

Joran hielt inne und drehte sich um. "Was okay?", fragte er.

"Ich habe dich verstanden", redete sich Aro raus und atmete doch etwas auf, das Joran sein okay nicht als eine Einverständniserklärung verstanden hatte. Obwohl, ein wenig enttäuscht war er schon, denn gerade jetzt hätte er sich gern in die Arme eines anderen gekuschelt.

"Dann ist ja gut." Mehr sagte Joran nicht und ging weiter.

Nachdenklich folgte Aro Joran und nahm das Bündel mit dem Frischfleisch an sich, als sie an der Stelle vorbeikamen, wo sie es deponiert hatten. Sturmwind hatte sich noch immer nicht bei ihnen gemeldet. Entweder machte er sich keine Sorgen oder aber er war wirklich mehr als nur fertig.
"Joran!", sprach er den blonden Elf von der Seite an, ohne aber zu erklären, was er wollte.

Er blieb stehen, drehte sich zu Aro um und sah in an.

"Du haderst mit deinen Gefühlen, Aro. Das ist nicht gut. Lass uns eine Nacht darüber schlafen. So etwas kann man nicht erzwingen, nicht mal, wenn man es nur rein 'mechanisch' und ohne tiefere Gefühle tun will. Brich es nicht übers Knie, sonst bleibt ein schaler Nachgeschmack. Ich weiß, wovon ich rede."

Er drehte sich wieder um und betrat die Lichtung, auf der Sturmwind immer noch tief und fest schlief.

"Eigentlich sehne ich mich ja nur nach etwas Nähe und Wärme - nicht nach mehr..." Es war ein leises Flüstern, das Aros Mund verließ, dann begab er sich zu dem schon abgeflachten Feuer und schürte es neu. Sein Blick fiel dabei auf Sturmwind, der noch immer schlief und das ruhig und anscheinend vollkommen zufrieden. Aro schmerzte es, nun, da er Jorans Gefährten ansah. Wie konnte Joran ihm nur so etwas anbieten, wo er doch einen solchen Partner hatte. Er verstand es einfach nicht und schüttelte leicht den Kopf.

Lächelnd kniete sich Joran neben Sturmwind, küsste ihn auf die Stirn und flüsterte: "Aufwachen, Schlafmaus. Es gibt gleich was zu essen."

Warme Lippen berührten Sturmwinds Stirn und er vernahm das Timbre einer sehr bekannten Stimme. "Ja was denn?", fragte er leise. "Dich?"

"Wenn du mit Aro als Nachtisch vorlieb nimmst, sofort, Schneestern", flüsterte Joran und küsste die noch immer geschlossenen Augen.

"Aro als Nachtisch?" Sturmwind schlug die Augen auf und sah seinen Gefährten fragend an. "Wie soll ich das denn jetzt verstehen?"

Joran grinste schelmisch. "So, wie ich es gesagt habe", und küsste ihn ungeniert leidenschaftlich.

Sturmwind war so perplex bei dieser Antwort, dass er den Kuss gar nicht erwiderte und Joran von sich schob. "Willst du damit sagen, dass Aro wie wir ist?" Sein Blick glitt zu dem älteren Elf, der am Feuer saß und dieses ordentlich neu schürte.

"Er ist ein Elf, genau wie wir und er ist genauso neugierig wie du, mein Schneestern. Aber genau wie du am Anfang hat er Angst. Was liegt also näher, als dass wir ihm gemeinsam diese Angst nehmen und seine Neugier befriedigen?" Joran küsste Sturmwind erneut und sah ihm dann tief in die Augen. "Wir beide zusammen", sagte er sehr ernst, denn Aros Worte hatte ihn doch ein wenig nachdenklich gemacht, obwohl er immer noch der Meinung war, dass er Sturmwind nichts wegnehmen würde, würde er mit Aro die Felle teilen.

"Ähm?" Sturmwind schluckte schwer. "Ich hatte schon Probleme dich zu berühren und bin froh, dass sich das jetzt gelegt hat, aber ob ich Aro..." Der junge Elf verstummte und schaute Joran an. "Du hast es schon probiert", platzte es plötzlich heftig aus ihm hervor. "Trotz meiner Bitte!" Aro zuckte zusammen, als er Sturmwinds Worte hörte. Er hatte doch geahnt, dass der junge Elf nicht gerade begeistert sein würde und so schloss Aro die Augen, als er etwas von einer Bitte hörte.

"Ich habe ihn geküsst und gestreichelt, mehr nicht, ehrlich!", verteidigte sich Joran. "Und wenn du nicht magst, dann lassen wir es", fügte er leise hinzu und versuchte Sturmwind eine wirre Strähne aus dem Gesicht zu streichen.

Sturmwind zuckte zurück, als hätte ihn etwas getroffen. Mit aufgerissenen Augen sah er Joran an und stotterte: "Aber... du... du hattest doch..." Eine Schlinge schien sich um Sturmwinds Herz zu legen und irgendetwas zog diese zu.

Betroffen wandte sich Joran ab, sah Aro kurz an und verließ mal wieder fluchtartig die Lichtung.

"Scheiße, warum mache ich immer alles falsch!?", fluchte er lautstark, um seinen Gefühlen Luft zu machen. Er hatte sich das so einfach vorgestellt. Sturmwind und er würden Aro zeigen, wie sich Männer mit einander vergnügen konnten, mehr nicht. Sie hätten alle drei eine nette, befriedigende Nacht verbracht und damit hatte es sich. Das Sturmwind und auch Aro solche Bedenken hatten, konnte er nicht verstehen. Mit einem frustrierten Stöhnen ließ er sich gegen einen Baum sinken, legte den Kopf in den Nacken gegen die raue Rinde des Baumes und sah in das Blattwerk hinauf, das sich deutlich gegen den langsam dunkler werdenden Himmel abzeichnete. Was sollte er jetzt tun? Zurückkehren und so tun, als ob nichts gewesen wäre? Konnte er das? Joran rutschte am Stamm runter, zog die Beine an, legte die Arme darum und den Kopf auf die Knie. Langsam begannen die Tränen zu fließen.

Sturmwind sah Joran nach, hörte das Fluchen und senkte den Blick. Erst nach einer ganzen Weile schaffte er es den Kopf zu heben und Aro anzusehen, der noch immer am Feuer saß und so tat, als hätte er von alldem nichts mitbekommen.
Der junge Elf drückte sich hoch und setzte sich zu Aro, der zu ihm aufblickte. "Was ist passiert?", wollte er wissen und lauschte dann Aros Erzählung.
Erst als der Redefluss des alten Elf versiegt war, sprach auch wieder Sturmwind: "Ich hatte ihn gebeten nichts mit dir anzufangen und er hatte es mir versprochen. Ich versteh das nicht, du hast ja laut deiner Aussage ihn sogar an mich und meine Gefühle erinnert. Warum hat er es trotzdem probiert?"
Aro erkannte den Schmerz in Sturmwinds Augen und legte eine Hand auf dessen Schulter. "Er sagte, er würde dir nichts wegnehmen, wenn wir beide... Er hat auch gesagt, dass er nur dich liebt und keine Abwechslung nötig hat und das er mir nur zeigen will, wie es ist, wenn zwei Männer... Eins ist jedenfalls sicher, Sturmwind - Joran liebt dich."
Sturmwind nickte und kämpfte gegen die Flut der Tränen an. "Was soll ich denn jetzt machen?"
"Ich weiß es nicht, Kleiner." Aro fuhr Sturmwind tröstend durchs Haar und erhob sich. "Bleib hier, ich schau mal wo er ist."
Sturmwind nickte und blieb tatsächlich am Feuer sitzen. In dem jungen Elf tobte eine Hölle. Er war noch nicht soweit. Er ertrug den Gedanken nicht, dass Joran auch mit anderen seinen Spaß hatte und noch eins tat sich in ihm auf. Er war nicht gut genug und gab Joran nicht das, was er brauchte, denn dann hätte er doch einen anderen gar nicht nötig.

Aro warf einen letzten Blick auf den jungen Elf am Feuer. Sturmwind tat ihm leid und er konnte sich sehr gut vorstellen, welche Hölle in ihm tobte.
**Joran!**, sendete er und machte sich auf die Suche.

Das Senden in seinem Kopf ignorierend, vergrub sich Joran noch mehr in seinem Schmerz. Er wollte Sturmwind nicht weh tun und hatte es doch getan. War Sturmwind so verklemmt oder war er zu offen in diesem Thema? Er wollte seinen Schneestern nicht wegen so einer dummen Geschichte verlieren, lieber würde er sich Aros Zorn oder Missfallen zuziehen, als das Liebste zu verlieren, was er seit dem Tod seiner Mutter hatte. Selbst Ringg hatte ihm nicht so nahe gestanden, hatte so sehr seine Gedanken und seine Gefühle beherrscht wie Sturmwind.

**Joran!**, rief Aro den blonden Elf noch einmal. **Du solltest mit Sturmwind reden.**

Tränen rannen Sturmwind übers Gesicht. Er begriff nicht, wieso Joran ausgerechnet jetzt, nach diesem Morgen, einen anderen wollte und so sendete er wütend und verletzt: **War ich nicht gut genug heute Morgen? Hab ich dich nicht genug befriedigen können?**

Wieder ignorierte er Aros Senden. Er wusste selber, dass er mit Sturmwind reden musste. Umso mehr zuckte er unter dessen wütendem Senden zusammen. Tief holte er Luft, ehe er antwortete und seine ganze Trauer in dem Senden mitschwingen ließ. **Das hat doch nichts damit zu tun, Schneestern! Du willst mich schon wieder nicht verstehen.**

**Ich kann dich nicht verstehen!**, antwortete Sturmwind verzweifelt. **Ich begreife nicht, was in deinem Kopf vor sich geht und schon gar nicht in deinem Körper. Du hattest mir ein Versprechen gegeben und dieses gebrochen.**

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